Alex Bernhard & Rolf Rutishauser & Severin Bühlmann
China ist ein Riesenland. Es ist 240mal so gross wie die Schweiz, und hat 180mal so viele Einwohner. China ist heute vor allem als Exportland vieler günstiger, aber immer mehr auch hochwertiger oder sogar einzigartiger Konsumgüter bekannt, die wir zu unserem Glück alle brauchen. Der hier vorliegende «Brief an die Freunde des Botanischen Gartens» soll daran erinnern, dass China der übrigen Welt neben Seide und Schwarzpulver auch wertvolle Pflanzen geliefert hat, nämlich nicht nur Bambus.
Die Karte nennt einige uns bekannte Zier- und Nutzpflanzen, die auf verschiedenen Wegen und zu verschiedenen Zeiten aus China zu uns gelangt sind:
Wohl schon vor 2000 Jahren gelangten z.B. Pfirsich und Zitrone über dieSeidenstrassen nach Vorderasien und Europa. Beim Pfirsich nahm man dann fälschlicherweise an, dass er aus Persien stammt, das war aber nur eine der letzten Stationen auf der Seidenstrasse von China in den Westen. Viele der heute im Mittelmeerraum und anderswo kultivierten Zitrusgewächse (also auch Orange = Chinaapfel (Apfelsine = Apfel + Sina) und Mandarine) stammen aus China!
Andere chinesische Gehölze wie Ginkgo (Ginkgo) und Kaiserbaum = Blauglockenbaum (Paulownia) wurden als Parkbäume zuerst von den Japanern gepflegt und kamen erst von dort in den Westen. Der Ginkgo erreichte Europa rechtzeitig, so dass er als kräftiger Baum in Jena auch Goethe inspirieren konnte.
Ginkgobaum vor dem Haus, zusammen mit dem langweiligen Neophyten Kirschlorbeer und der ökologisch wenig wertvollen Thujahecke.
Ein eigentlicher Exportboom chinesischer Zierpflanzen setzte mit den Sammelreisen von Pflanzenjägern wie Robert Fortune und Ernest H. Wilson im 19. und frühen 20. Jahrhundert ein. Diese reisten im Auftrag europäischer und nordamerikanischer Gärtnereien auch in entlegenere Gebiete von China. Viele Rhododendren und Azaleen (beides Gattung Rhododendron), ebenso zahlreiche Primeln und andere Zierpflanzen wie Glycine (Wisteria), Weigelie (Weigela) und Herzblume («tränendes Herz», Dicentra) verdanken wir nicht nur der Sammeltätigkeit dieser Pflanzenjäger, sondern auch der Offenheit der damaligen chinesischen Kaiser, die diese Pflanzenräuber in ihrem Land gewähren liessen.
Wisteria (im Volksmund bei uns oft Glyzinie oder Glyzine genannt, manchmal etwas verwirrend, da botanisch die Sojabohne Glycine max heisst) lila und weiss in Carona, Tessin.
Wer das nächste Mal eine köstliche Kiwifrucht verspeist, sollte auch daran denken, dass geschäftstüchtige Neuseeländer die ursprünglich chinesische Pflanze (Actinidia chinensis, A. deliciosa) in ihr Land importierten und dort in Plantagen zu kultivieren begannen. Das passierte erst vor gut hundert Jahren!
Auf der China-Karte sind für einige Pflanzen die Jahre angegeben, in welchen sie nach Europa eingeführt worden sind. So gelangte der Götterbaum (Ailanthus altissima) schon 1751, der Sommerflieder oder Schmetterlingsstrauch (Buddleia davidii) erst 1889 nach Europa. Heute sind beide in Europa vielerorts verwildert.
Wir sind stolz, dass im Botanischen Garten Zürich mit dem Chinesischen Tulpenbaum (Liriodendron chinense) und der Zapfennuss (Platycarya strobilacea) zwei Bäume gedeihen, die sonst in Pärken und Gärten kaum zu sehen sind.
In China leben heute noch Gehölze, die vor Jahrmillionen auch in Europa gediehen. Dazu gehören die aus Europa nur fossil bekannten Gattungen Ginkgo, Urweltmammutbaum (Metasequoia), Tulpenbaum (Liriodendron) und Korkbaum (Phellodendron). Diese sind spätestens während den Eiszeiten bei uns ausgestorben. Erst mit der Wiedereinfuhr aus China erfreuen sie sich bei uns einer «Renaissance».
Es gäbe noch Dutzende, vielleicht Hunderte von Pflanzen zu beschreiben, die aus Asien zu uns kamen, bzw. zu uns gebracht wurden. Stellvertretend für die nicht erwähnten nur noch zum Schluss die Clematis, weil sie ausgerechnet heute vor unserem Haus im Tessin gerade ihre erste diesjährige Blüte entfaltete:
Echte Waldrebe (Clematis vitalba) ist eine der vielen Clematisarten, die bei uns heimisch ist. Bekannt auch als Niele, die wir als Buben im Wald holten, die hohlen, trockenen Stengel herausbrachen und rauchten, bis es uns schlecht wurde. Clematisarten kommen auf der ganzen Welt vor. In China sind verschiedene Clematisarten in der Medizin gebräuchlich, zum Beispiel bekannt als Wei Ling Xian oder Mu Tong. Im Bild eine Zierart von Clematis am Standort in Carona, Tessin.
Alex Bernhard & Rolf Rutishauser & Severin Bühlmann
Nachtrag: Das Ginkgoblatt ziert als Emblem der Vereinigung der Freunde des Botanischen Gartens Zürich auch diesen Gartenbrief. Mit 30 Franken pro Jahr werden Sie Mitglied dieser Nonprofit-Organisation.
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